Zwischen Wegwerfgesellschaft und Wertschätzung. Was uns eine simple Uhrenbatterie über unsere Zeit verrät

Zwischen Wegwerfgesellschaft und Wertschätzung. Was uns eine simple Uhrenbatterie über unsere Zeit verrät
Photo by Burkhard Kaufhold / Unsplash

Kürzlich hatte ich eine dieser kurzen, aber bemerkenswert tiefgehenden Unterhaltungen mit meinem Kind. Eine Frage, scheinbar banal, öffnete dabei ein erstaunlich großes Fenster in unsere moderne Konsumwelt.
Er schaute auf seine Armbanduhr und fragte: „Wie lange hält eigentlich die Batterie?“

Zunächst wollte ich wissen, warum er diese Frage stellte, ob die Uhr vielleicht stehen geblieben sei. Doch er verneinte. Die Uhr laufe einwandfrei, seit zwei Jahren schon. „Und die Batterie hält immer noch?“, fragte er ungläubig.

Ich erklärte ihm, dass eine Casio Uhr durchaus bis zu zehn Jahre mit derselben Batterie laufen kann. Seine Reaktion: „Dann kann ich die Uhr ja meinen Kindern vererben.“
In diesem Moment merkte ich, dass da ein Gedanke reifte, den ich weiter ergründen wollte. Also hakte ich nach: „Wie kommst du darauf? Was meinst du damit?“

Seine Antwort traf mich unerwartet klar: „Ich kenne nichts, was länger als zwei Jahre hält.“


Ein Kindersatz für eine große Wahrheit

Diese Aussage ließ mich nachdenklich werden. Natürlich ist es nicht so, dass alle Dinge nach zwei Jahren kaputtgehen. Aber sie spiegelte ein Gefühl wider, das viele kennen, bewusst oder unbewusst. Wir sind zu einer Wegwerfgesellschaft geworden.

Produkte werden schneller ersetzt als je zuvor. Dinge werden selten repariert, sondern lieber gleich ausgetauscht. Wertschätzung für Gegenstände, ihre Lebensdauer oder gar ihre Geschichte, all das scheint zu verblassen.

Als ich selbst ein Kind war, war eine Casio Uhr etwas Besonderes. Robuste Technik, die man über Jahre trug und mit einem gewissen Stolz. Heute dagegen erlebt dieselbe Uhr ein Comeback als ironischer Retro Trend, als Modeaccessoire, konsumiert und oft ebenso schnell wieder entsorgt.


Nachhaltigkeit? Mehr Wort als Wirklichkeit?

Viele Gegenstände besitzen für uns kaum noch Wert. Nachhaltigkeit scheint oft nur ein Lippenbekenntnis, ein Begriff, der in Debatten über Klimawandel und Ressourcenverbrauch gerne benutzt wird, während wir gleichzeitig wenig daran ändern, wie wir tatsächlich leben.

Wir reden über Erderwärmung, aber unser Verhalten bleibt häufig dasselbe. In dieser Diskrepanz zeigt sich, wie sehr wir uns an kurzfristiges Denken gewöhnt haben. Vernunft spielt dabei immer seltener eine Rolle.


Was eine Uhr uns lehrt

Die zufällige Frage eines Kindes über eine Uhren Batterie offenbart etwas Grundsätzliches. Wir haben verlernt, Dauerhaftigkeit zu erwarten, geschweige denn, sie zu schätzen.

Vielleicht sollten wir wieder beginnen, den Dingen um uns herum etwas mehr Wert zu geben. Nicht aus Nostalgie, sondern aus Verantwortung.
Und vielleicht ist eine kleine, zuverlässige Uhr ein guter Anlass, über unsere Art zu konsumieren nachzudenken, darüber, was wir behalten, was wir wegwerfen und was wir zukünftigen Generationen hinterlassen möchten.

Read more

Die neue digitale Heimat: Warum Mastodon und das Fediverse die Machtverschiebung im Social Web einleiten sollte

Die neue digitale Heimat: Warum Mastodon und das Fediverse die Machtverschiebung im Social Web einleiten sollte

Als langjähriger Nutzer und Beobachter des digitalen Raums habe ich die Entwicklung der sozialen Medien mit einer Mischung aus Faszination und wachsender Skepsis verfolgt. Die zentralisierten Plattformen haben uns immense Vernetzung gebracht, aber der Preis dafür war hoch: Datenhunger, algorithmische Manipulation und die Konzentration der Kommunikationsmacht in den Händen weniger